30.05.2023 Christina Lake. Tag 14 – 590 Kilometer

Meine heutige Position

Ich hatte eine super Nacht und wurde einer Vogelkolonie geweckt. So gegen halb Fünf zwitscherten sie, als müsste bis um Sechs alles gesagt sein. Eine Überraschung gab es doch. An der Innenseite des Zeltdaches hat sich eine Unmenge von Kondenswasser gesammelt, das jetzt ins Zelt tropfte. So richtig erklären kann ich mir das nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich das Zelt aufbaute, als es noch relativ warm war und komplett verschlossen hatte. Also werde ich beim nächsten Mal in jedem Fall die vorhandenen Lüftungsschlitze öffnen. Man lernt nie aus. Wenn ich zurück bin, dann als Profi-Camper.

Sonnenaufgang und nasses Zelt
Denkmal für die kanadischen Toten im 1.Weltkrieg. Da haben sich die Kanadier noch von Briten einspannen lassen, bevor es später die US-Amerikaner waren.

Egal, kurz nach Acht war ich mit einer doppelten Portion Haferbrei im Magen auf dem Rad. Heute ging es nicht ganz so steil bergauf, dafür lange. Mir standen fast 90 Kilometer bevor. Die 720 Höhenmeter waren bis genau zur Hälfte abgearbeitet. Dann ging es bergab. Da aber mit Gegenwind, so musste ich auch bergab ab und zu treten. Frustrierend!

Steinmännchen der besonderen Art. Joe baut einen Torbogen und wünscht mir „Enjoy the Hills“

Heute war zuerst und zum Schluss die sogenannten „Graslands“ links und rechts der Straße. Der Rest war tiefer Wald. Mich hat der Ort Greenwood irgendwie beeindruckt. Hier gab es früher Kupferbergbau. Die Halden sieht man noch. Es war einmal eine bedeutende Stadt der Provinz mit Bahnanschluss und Opernhaus. Heute gibt es gerade einmal noch eine Tankstelle und ein Museum.

Downtown Greenwood
Tunnel, dem der Berg abhanden gekommen ist.
Ein bisschen vom alten Glanz erkennt man noch
Gibt’s bei uns in Kirchen hier an der Tankstellenfassade

Der Kettler River, dem ich seit einiger Zeit folgte, machte eine Ausflug nach Süden in die Vereinigten Staaten. Da wollte ich nicht mit, also musste ich übern Berg. In Grand Forks haben wir uns wieder getroffen, der Kettler und ich. Grand Forks ist die erste richtige Stadt, sie ich seit einer Woche zu sehen bekam. Hier gab es auch einen „Tim Hortons“ als Hinweis auf das Stadtrecht und viele andere ein- und zweistöckige Häuser. Schön ist sie nicht, die klassische kanadische Provinzstadt. Aber ich bin ja wegen der Landschaft hier.

Grand Forks. In der Stadt habe ich vergessen, Fotos zu machen.

Christina Lake, mein Zielort, ist ein ausgemachter Touristenort. Leider sind die Ufer des Sees im Ort fast vollständig bebaut, bis auf einen Badestrand der Gemeinde. Der Campingplatz war wieder etwas was Besonderes. Ich habe einen Stellplatz mit Partyzelt bekommen.

Der Christina Lake
Mein First Class Backpacker-Standplatz
Fußball Training in der Elementary School. Mehr Mädchen als Jungs. Direkt Zaun an Zaun mit dem Campingplatz.

29.05.2023 Midway. Tag 13 – 503 Kilometer

Meine Position heute Abend

Man sollte nie eine Microwelle und eine Kaffeemaschine gemeinsam einschalten, wenn diese an ein und derselbe Verlängerungsschnur hängen. Ist mir passiert. Die Sicherung flog Rausch. Vom Personal war noch niemand da. Also verlegte ich mein Frühstück in eine Tankstelle.

Ein Indianer verabschiedet mich aus dem Desert Valley – er bewacht die Tankstelle.

Heute hatte ich mir viel vorgenommen. Im Kern ging es um ca. 1200 Höhenmeter. Ich musste das Anarchist-Plateau überwinden, um in das Tal des Kettler Rivers zu gelangen. Der Pass hat immerhin eine Höhe von 1236 Metern. In Osoyoos gestartet bin ich auf einer Höhe von 280 Metern. Den größten Teil der Steigung musste ich in 20 Kilometer bewältigen. Die Steigung betrug nicht selten über 10 %. So ungefähr nach vier Stunden bergauf fahren, war ich dann oben.

letzter Blick auf Osoyoos

Es ging ab Erreichen des Plateaus wieder durch ein Bärengebiet. Alles war anfangs wieder dicht bewaldet. Einen Bären habe ich nicht zu sehen bekommen. Dafür andere Kuriositäten; die mexikanische Bar „Su Casa“ und ein schweizer Bed&Breakfast mit Namen „Nuessli“. Der Anarchisten-Pass war schmucklos und nicht mal beschildert. Der Berg wurde wohl nach einen aufsässigen und hier ansässigen Postmeister und Friedensrichter der vorletzten Jahrtausendwende so benannt.

Bergfahren ist eigentlich Kopfsache. Wenn der Kopf sagt, es geht jetzt den ganzen Vormittag bergauf, dann schaffen das auch die Beine. Mit der Zeit entwickelt sich ein Automatismus, was die Energie angeht, die man in jeden Tritt investiert, so daß die Kraft bis oben reicht. Ich versuche immer so schnell zu treten, dass ich nicht außer Atem komme. Dann klappt das auch.

An vielen Abzweigungen wurden Tierplastiken aufgestellt. Hier ein Adler. Diese Figuren waren sicher 1,5 Meter hoch.
Nach dem Wald kam das Hochland mit viel Weideland. Auf der anderen Seite des Berges ist Desert Villey – nur 20 Kilometer entfernt
Das Nuessli
Mexico in Kanada. Hatte leider geschlossen
Ich auf dem Anarchisten – Pass. Sieht aus wie ein Acker und war auch einer.

Eigentlich wollte ich in Rock Creek, dem ersten Ort nach Ende der Talfahrt meine Tagestour beenden. Der Campingplatz, den ich mir ausgesucht hatte war außer Betrieb. Also ging es weiter Richtung Midway ich richtete mich schon auf 20 zusätzliche Kilometern ein. Wie der Zufall es will, nach der Hälfte der Strecke stieß ich auf einen RV Parc, der eigentlich nur Wohnmobile zulässt. Für mich haben sie eine Ausnahme gemacht. Das Problem hier sind die Mücken. Eine Dose Mückenspray war an der Registration noch zu bekommen.

Sehr gepflegt. Bestimmt alles Golfer vom benachbarten Golfplatz

28.05.2023 Osoyoos. Tag 12- 442 km

Meine Position heute Abend

Ich habe seit meinem Tourstart nie so ungestört geschlafen. Außer mir waren nur noch zwei kleine Camper auf dem Platz. Das Rauschen des Baches hat so und so alle Nebengeräusche verschluckt. Pfingstsonntag sechs Uhr hielt mich nichts mehr in meinem Tipi. Die Sonne schien und es war nicht mal kalt.

„Keiner da in Kanada!“

Heute habe ich einen kurzen Tag geplant, da mir morgen eine Herausforderung bevorsteht: die erste „richtige“ Bergetappe. Außerdem habe ich vor in einem Motel zu übernachten. Eine große Wäsche steht an. Mein Zielort, Osoyoos, ist eine richtige Stadt. Hier kann ich meine Vorräte an Tütensuppe, Sonnenschutz usw. auffüllen. Die Distanz für heute betrug 50 Kilometer mit 480 Höhenmetern.

Die Hälfte der Strecke rollte ich durch das Eagle Valley. Zu Beginn fuhr ich fast ununterbrochen an Weinbergen vorbei. Auch Obst und Gemüse wird hier angebaut.

In Deutschland liegt auch Karlsruhe auf gleicher geografischer Breite, also warum kein Wein.
Aus den Äpfel wird Cider gemacht.
Sonntag , neun Uhr auf dem Highway Nr. 3
Rethink 150. Die Perspektive der First Nations auf die Gründung Kanadas vor 150 Jahren
Die Schule des Reservates. Riesig und modern

Gegen Mittag stiegen die Temperaturen und ich hatte somit komplett das Gefühl, ich fahre durch Andalusien. Nach der Hälfte der Strecke begannen die Steigerungen. Gerade als es bergauf ging und ich nicht flüchten konnte, hatte ich meine erste Hunde-Attacke. Plötzlich stand ein kläffender Köter vor mir. Das war so ein Mischwesen von Rottweiler und Dobermann. Ich habe so gut es ging mein Rad immer zwischen ihn und mich gebracht. Die Autofahrer haben ihn dann durch Hupen vertrieben. Auf die Idee ein Foto zu machen, kam ich verständlicher Weise nicht.

Konnte auch kurz hinter Sevilla sein.

Ich fuhr den letzten Berg hoch und konnte im Tal schon Osoyoos sehen. Ich bekam auch den ersten großen See – den Osoyoos Lake – zu sehen. Osoyoos ist einigermaßen groß. Da ich schon gegen 14.00 Uhr da war und mich das Motel schon einchecken ließ, hatte ich Zeit für einen Stadtbummel. Ich kam das erste Mal in einen kanadischen Baumarkt. Es ist schon interessant, was es alles so zu kaufen gibt. Aufgefallen ist mir, dass alles irgendwie größer und massiver ist, was der kanadische Handwerker so braucht.

Der Osoyoos Lake

27.05.2023 Keremeos Tag 11 – 392 km

Meine aktuelle Position

Ein sonniger Morgen mit angenehmen Temperaturen. Das Aufstehen fällt nicht schwer, zumal es heute im Wesentlichen bergab geht. Die Distanz ist die gleiche wie gestern bloß ohne Anstiege.Was soll da passieren?

Zum Frühstück gibt es Instant-Haferbrei. Ist nahrhaft und schnell zu machen.

So war es dann auch. Es rollte sehr gut. Heute ist Samstag, somit sind auch kaum Trucks unterwegs. Es ging die ganze Zeit am Similkameen River entlang. Die Berge links und rechts sind gut bewaldet. Die Vegetation wird aber je weiter ich komme immer spärlicher. Vielleicht liegt es daran, das es hier erheblich wärmer und wahrscheinlich auch trockener wird. Ein Kanadier klärte mich ganz stolz auf, dass das hier ein Weinanbaugebiet ist.

Der Leere Highway Nr.3, kaum Autos.
….nur Gemsen, habe aber keine gesehen
… aber viel Holz.

Zwischenstation machte ich in dem kleinen Ort Hedley. Alles wirkte sehr verschlafen. Aber es gab eine Tankstelle, die Post, einen Dorfladen und ein Café. Diese Café das gastronomische Highlight von Hedley. Hierhin hat mich der Dorfladen Besitzer geschickt, weil der Kaffee dort besser ist als seiner. Der Kaffee schmeckte tatsächlich, der Kuchen auch. Nach dem ich den Besitzer erzählen musste, was ich so in Kanada treibe, hat er es jedem neuen Kunden weitererzählt. Somit war ich eine ganze Weile mit der Erteilung von Auskünften beschäftigt. Das ganze hatte auch etwas Gutes: ein Einheimischer warnte mich vor dem Campingplatz in Keremeos, auf dem ich eigentlich heute übernachten wollte und schickte mich auf einen, der nirgens offiziell ausgewiesene war.

Muffins mit Ahornsirup
Das Café war so etwas wie die Tratschzentrale des Dorfes. Darum auch das Telefon.

Der Tip war goldwert. Eine Familie hat eine alte Mühle zum Restaurant ausgebaut. Der Chef des Hauses behauptete, seine Großeltern kommen auch aus Deutschland: aus Strasbourg. Als ich sagte, das wäre Frankreich, sagt er, das ändert sich ja ab und zu. Die Fläche um das Gebäude haben sie zu einem kleinen Campingplatz gestaltet. Es gibt Wasser und Strom. Auf Duschen muß ich heute verzichten. Ganz idyllisch wirkt das Ganze durch den lebendigen Bach, der durch das Grundstück fließt.

Die Mühle mit „alter Landtechnik“
Zelt am Bach. Mal sehen, was das angesagte Gewitter für Auswirkungen auf den Wasserstand hat.

26.05.2023 Princeton. Tag 10 – 319 km

Mein Standort heute Abend

Eine Nacht mit einem festen Dach über dem Kopf war eine gute Idee. Als ich heute morgen aus dem Fenster schaute, war der Himmel blau aber Raureif auf dem Gras. Das heißt es gab Frost. Ich gönnte mir im Manning Parc Resort noch ein Frühstück. Das war zwar „sauteuer“ aber das Beste was ich in Kanada bisher als Frühstück bekommen konnte: Pochierte Eier auf Tost mit Guacamole. Als ich abfahren wollte, rollte noch eine Karawane Porsches mit US-Kennzeichen auf den Parkplatz. Einen der schon älteren Fahrer, bat ich, noch ein Foto von mir zu machen. Er war dann aber irgendwie enttäuscht, dass ich die Porsches nicht fotografieren wollte.

Die Porsches stehen im Schatten

Die Strecke heute war „durchwachsen“. Erst ging es relativ lange bergab. Das führt bei mir immer zu Nervosität. Wusste ich doch, dass ich auf der Hälfte der Strecke ich die Höhe wie bei Abfahrt wieder überwinden musste. Insgesamt kam ich auf 70 Kilometern bis Princeton auf 630 Höhenmeter , fast 200 weniger als am Vortag. Konnte also nicht so schlimm sein. Die Temperaturen stiegen spürbar an. Den Pass erreichte ich im T- Shirt. Dort oben traf ich eine Motorrad-Fahrerin, die Pause machte, weil sie so fror. So unterschiedlich können Wahrnehmungen sein.

Höchster Punkt für heute

Hinter dem Pass erlebte ich eine völlig andere Landschaft. Alles wirkte wie ein Hochland. Tatsächlich ging es mehr oder weniger auf gleicher Höhe weiter. Es gab aber rechts und links aber keine wesentlich höheren Berge.

„be chill“ -als wichtigster Hinweis an der Strecke platziert

Nach Dreiviertel der Strecke ging es dann steil bergab. Plötzlich war die Idylle vorbei. Ganze Berge waren nicht mehr als solche zu erkennen. Sie sahen aus wie riesige Halden, auf dem Trucks herum fuhren. In Princeton war mir dann klar, dass hier Kupfer im Tagebau abgebaut wird. Der Kupferpreis ist wohl um 2020 herum so stark gestiegen, dass sich der Abbau in Nordamerika wieder lohnt. Um 2020 gewann die Elektroauto-Kampagne an Fahrt.

Ist das greenwashing?

Princeton ist ein kleiner Ort der zwiegespalten erscheint. Einerseits touristisch bedeutsam, weil Ausgangspunkt in den Manning Parc, andererseits sieht man überall die Spuren der Kupfermine

Mein Campingplatz ist eigentlich ein Parkplatz, mit minimaler Infrastruktur. Er liegt aber direkt am Similkameen River. Der Platz wird wohl nur als Zwischenaufenthalt genutzt. Getroffen habe ich dort einen US Amerikaner, der in Vancouver einem Outdoor Store arbeitet, in dem ich mich dort auch ausgestattet habe. Die Distanz von Vancouver nach Halifax hat er auch schon bewältigt. Er brauchte nur fünfzig Tage dafür. Das ist also nicht meine Liga.

25.05.2023 Manning Parc. Tag 9

Meine Position heute Abend.

Der Tag startet grau. Die Temperaturen sind morgens immer noch einstellig. Geschlafen habe ich gut. Bären waren keine zu Besuch. An die Regengeräusche hab ich mich gewöhnt. Freue mich schon auf den Tag, wo es mir im Zelt zu warm wird.

Heute nehme ich meine erste richtige Bergetappe in Angriff. Ziel ist das Manning Parc Resort. Das das einzige besiedelte Areal im gleichnamigen Nationalpark. Das sind so ca. 50 Kilometer und 800 Höhenmeter. Die Strecke hat sich durch eigenes Verschulden um 10 Kilometer verlängert, da ich nach 5 Kilometer merkte, dass ich meine geliebte 50.000 mAh Powerbank vergessen hatte – also zurück! Als ich auf dem Campingplatz wieder ankam, hatte auch der Shop auf. Ich gönnte mir noch einen Kaffee und ließ mich von neugierigen Bauarbeitern ausfragen, die dort Pause machten.

Angenehm auf der Fahrt ist, daß ich mich nicht immer orientieren muss. Es geht nur gerade aus. Auf den 50 Kilometern gab es keine Kreuzung, nicht einmal ein Gebäude, nur Wald. Die Landschaft ist wunderbar. Man kann sie besonders morgens gut genießen. Dann ist kaum Verkehr. Über die Autofahrer kann ich mich nicht beklagen. Die meisten Trucks fahren auf die Überholspur wenn sie mich überholen, obwohl ich auf dem Standstreifen fahre.

Der Rhythmus beim bergauf Fahren hat sich auch eingestellt. Das Gepäck ist nicht mehr ganz so ungewohnt. Ich muss meinen Ehrgeiz bremsen und so kraftschonend wie möglich in die Pedale treten. Das ist alles Kopfsache. Stundenlang am Berg zu fahren, muß normal werden und wird es auch wieder. Die Kalorienzufuhr habe jetzt auch im Griff. Ich habe einen PowerBar Riegel gefunden, der klein ist und über 200 kcal hat. Wasser kann ich auch ausreichend mitnehmen, weil ich zum Glück die Trinkblase in meinem kleinen Montanbike Rucksack eingesteckt habe. Sonst wäre es eng geworden auf 50 Kilometer einsamer Strecke.

Ich war froh, als ich auf dem Pass war, ein bisschen enttäuscht aber auch: in Europa steht da immer eine Hütte oder wenigstens eine Sprudelbude. Hier nichts. Aber egal: zehn Kilometer bergab sind auch eine Belohnung.

Heute übernachte ich wieder in einer festen Unterkunft. Gewitter ist angesagt und dass Zelt ist so und so noch nass. So kann ich meinen Schlafsack trocknen, der von den Regennächten ganz klamm ist.

Der erste Bär. Aber das Prachtstück ist aus Holz.

24.05.2023 Sunshine Valley. Tag 8

Meine Position heute Abend

Heute morgen geht’s mit vollem Enthusiasmus in die Berge. Ich bin froh, daß ich Hope hinter mir lassen kann. Es ist trocken, wenn auch nicht warm. Um die zehn Grad war es, als ich los geradelt bin. Vorher habe ich noch meine Gepäck untersucht. Was kann ich an Ballast noch abwerfen. Die dritte Hose, ein T-Shirt und die Verpackungsgurte vom Transport meines Fahrrades im Flieger mussten dran glauben.

Die frei gewordenen Kapazität habe ich für Verpflegung genutzt. Wenn ich den ganzen Tag Bergauf fahre, muss ich ein bis zwei Mal in der Stunde irgendwas in Essen. Es gibt auf dem Weg werder Ortschaften noch eine Tankstelle.

Eindeutige Wahrung. Außer Tankstellen gibt’s auch nichts anderes

Die Navigation ist einfach. Es gibt nur eine Straße Richtung Osten, den Highway Nr. 3. Dieser Highway hat auch einen richtigen Namen: Crownsnest Highway. Darum auch die Krähe im Logo. Meine Entscheidung für die Nr.3 war richtig. Denn die nach Norden führende Straße hat erheblich mehr Verkehr und keinen Radweg.

Das Schild wird mich die nächsten zwei oder drei Wochen begleiten. Highway Nr. 3

Ich hatte die Wahl, entweder schon nach 22 Kilometern Station zu machen oder volle 67 Kilometer bis zur zweiten Übernachtungsmöglichkeit durchzufahren. Die 67 Kilometer wären dann bergauf zu bewältigen. Dazwischen gibt es nichts, was zur Übernachtung taugt. Die Straßenführung ist hier nicht wie in den Alpen. Ich habe noch keine Serpentine gesehen. Es gibt nur ewig lange Rampen mit fast immer gleicher Steigung. Das zehrt an den Kräften. Ich bin im Hochgebirge auch noch nie mit 20 Kilo Gepäck gefahren. Dazu musste ich auch erst einmal ein Verhältnis finden.

Man kann es nicht sehen, aber das sind 9% Steigung
Schade, daß das mit dem Sunshine nicht klappt

Also machte ich im Sunshine Valley Schluss für heute. Ich bekam einen super Campingplatz zu sehen. Bezahlt habe ich zehn CAD. Das sind sieben Euro. Die Betreiber sind sehr freundlich. Ich habe sogar einen Buggy auf meinen Platz gestellt bekommen. Hier soll ich am Abend alle Lebensmittel reinlegen. Respekt vor Bären haben sie auch schon hier.

Meine Lebensmittel-Aufbewahrungsbox.
Müllcontainer sind mit schwerster Technik verriegelt

23.05.2023 Hope. Tag 7

Zweiter Regentag! Als mir heute morgen um 7.00 Uhr der Campingplatz-Duty Officer den Waschraum aufschloss, bekam ich die Voraussage, dass morgen wieder schönes Wetter ist. Wenn Hope etwas mit Hoffen zu tun hat, tritt das dann bestimmt auch ein!

Also bleibt mir nur, die Zeit totzuschlagen. Ich habe genug Gelegenheit die nächsten Tage zu planen. Zu Glück ging gerade heute meine Brille kaputt. Der zweite Bügel brach ab. Ich hatte Zeit zum Basteln. Genau wie den ersten Bügel habe ich den zweiten mit einer Lister-Klemme wieder fixiert. Sieht nicht schön aus, hält aber ewig.

Form follows function…

Ansonsten habe ich mir, als der Regen nachgelassen hatte, die City von Hope angesehen. Das Highlight ist eine historische Uhr, gestiftet zum einhunderjährigen Jubiläum der Stadt und eine ganz ansehnliche Holzbank.

Die Uhr
Die Bank…

Den öffentlichen Supermarkt habe ich nach Interessantem und Besonderheiten durchschnüffelt

Hier trinkt man Cola mit Kaffee.

Das Foto auf dem Etikett der Apfel-Brause zeugt von Humor, wie er mir gefällt.

22.05.2023 Hope. Tag 6

Heute bin ich nicht auf die Strecke gegangen. Ich hätte zwar wieder Rückenwind aber es gießt wie aus Kannen und das bei sieben Grad. Sch*** auf den Rückenwind.

Die Nacht war windig aber irgendwann gewöhnt man sich an das ständige Flattern der Zeltwände. Der Campingplatz wird von First Nations betrieben. Sie sind sehr freundlich und engagiert. Eine Verlängerung meines Aufenthaltes war kein Problem.

Die First Nations sind oft durch ihre Kampagne zur Aufklärung der im letzten Jahrhundert verschwunden indigenen Kindern präsent.

Every Child Matters

Heute ist in Kanada der Victoria Tag. Der fällt immer auf einen Montag. So ist jedes Jahr ein langes Wochenende garantiert. An dem Tag – eigentlich am 24.Mai – hatte die Queen Victoria Geburtstag. Man erkennt, dass Kanada immer noch Teil des Commonwealth ist. Der britische König ist Staatsoberhaupt.

So fast alles hat geschlossen. Zum Glück hat Tim Hortons, Starbucks und McDonald’s auf. Ich sitze hier meine Zeit ab – in jedem Laden zwei Stunden. So vergeht der Tag. Bei dem Regen kann ich nichts Sinnvolles tun.

Always fresh hätte heute nicht sein müssen. Ein paar Grad wärmer wäre gut

21.05.2023 Hope. Tag 5

Heute ging es knapp einhundert Kilometer in Richtung Rocky Mountains. Die Route ging wieder durch das Tal des Fraser Rivers. Hope ist ein Touisten-Ort. Der Fluss kommt hier aus den Bergen und wird vor einer Biegung aufgestaut. Der kleine Coquihalla River mündet hier in den Fraser River. Die große Wasserfläche macht den Ort wahrscheinlich so interessant. Hinter Hope geht es dann in die höheren Regionen.

Der Fraser River. Breiter als der Rhein.

Attraktivität der Ortes ahnte ich schon unterwegs. Viele Kanadier hatten ihre Quads auf Trailer geladen und an Pickups gehängt. Damit fuhren sie Richtung Berge. Wahrscheinlich brettern sie dann damit in der Landschaft herum.

Richtig Glück hatte ich mit dem Wind. Der wurde den Tag über immer stärker, kam aber aus der richtigen Richtung: von hinten. Wann hat man das schon mal. Es rollte also alles wie von ganz alleine. Um die Freude aber nicht ausufern zu lassen, hat das Schicksal ein paar ordentliche Steigungen eingestreut

Es wird ernst.

Was meine Verpflegungsstrategie betrifft, habe ich heute Tim Hortons ausprobiert. Das ist eine Gastrokette, die hier gefühlt häufiger als McDonald’s aufzufinden ist. Spezialität sind Donuts es gibt aber auch Bagel, Wraps usw. Das Gute ist, man kann auch einen einzelnen Donut kaufen und muss nicht gleich Familienpackungen nehmen.

Einen großen Kaffee bestelle ich wohl nicht mehr. Das ist eine halber Liter. Den Donut hatte ich schon aufgegessen.
Cannabis Shops gibt’s nur außerhalb von Ortschaften. Aber dafür relativ häufig.

Heute habe ich das erste Mal mein Zelt auf kanadischen Boden aufgebaut. Das heißt, heute hatte ich Glück mit einem Campingplatz. Im Ort und trotzdem direkt am Wasser. Voll ist es auch nicht. Das Wetter soll die nächsten Tage schlecht werden. Meinen Mini-Kocher habe ich auch eingeweiht. Es gab thailändische Kokos-Nudelsuppe.

Was will man mehr?!
Sieht etwas wackelig aus, steht aber und funktioniert.