11.06.2023 Bow Island. Tag 25 – 1374 Kilometer

Mein Standort heute Abend

Nach dem Ruhetag habe ich mir eine ziemlich lange Etappe vorgenommen. Ich will in Richtung Medicine Hat. Für einen Ritt ist das zu weit Die Strecke zu halbieren, wäre eine Lösung.  Ich möchte aber am zweiten Tag früh in der Stadt sein, um mir noch etwas anschauen zu können. Also habe ich heute 114 Kilometer auf dem Plan und morgen etwas mehr als 50 Kilometer. Steigungen gibt’s nicht mehr, der Wind ist jetzt der entscheidende Faktor. Der kommt heute von der Seite. Es müsste also realisierbar sein.

Die Windmühle zeigt nach Süden: Seitenwand
Morgenstimmung in den Badlands
Rinder mit solchen riesigen Hörnern hab ich noch nicht gesehen

Kurz vor Acht war ich im Sattel. Vor mir „unendliche Weiten“. Jetzt ist es aber keine trockene Prärielandschaft, sondern grünes Farmland. Die Straße geht 10  oder 20 Kilometer gerade aus. Man hofft immer, daß irgendwann etwas Interessantes am Horizont auftaucht. in Europa so sind Kirchtürme auf dem flachen  Land solche Landmarken. Hier haben die Kirchen keine Türme, jedenfalls keine hohen. Was man von weitem gut sieht, sind riesige Agar- Silos.

Die Erde ist eine Scheibe mit ’nem Strich mitten durch

An das Fahren in diesem monotonen Rythmus, muss ich mich erst gewöhnen. Ich glaube immer geradeaus auf die Straße zu sehen, ist nicht motivierend. Also “ scanne“ ich, was links und rechts der Fahrbahn so passiert. Öfter mal aus dem Sattel zu gehen und im Stehen zu fahren, hilft bestimmt auch. Ich habe jetzt noch Wochen die Kulisse vor dem Lenker. Damit kann ich fest rechnen.

Seltene Oase am Rande des Highway Nr.3

Riesige Farmen gibt’s hier.  Bohnen- und Kartoffelfelder bis zum Horizont. Ab und zu kommt mal eine Stallanlage. Aber alles ziemlich modern und großzügig. Das sind die kanadischen Badlands, steht auf Ortseingang meines Zielortes.

Ich habe, das sind Bohnen
Ich glaube, das ist der Weltmarktführer für Pommes Frittes

Auf der Strecke habe ich ein Paar getroffen, das auch „across Canada“ unterwegs ist. Sie wohnen in Vancouver und wollen nach Neufundland. Sie haben mir den Tipp mit dem Campingplatz gegeben, auf dem ich heute übernachte.

Der Platz gehört der Stadt Bow Island. Eigentlich ist das ein großer Spielplatz an einem See am Rande der Stadt. Unmittelbar am Spielplatz wurden Stellplätze für Camper und Zelte eingerichtet.  Auf dem Platz steht ein Sanitärgebäude mit Dusche. Also alles da, was man braucht. Eine Anmeldung gibt es nicht. Man füllt ein Formular in einen Kasten aus und wirft 20 Dollar in die Kasse des Vertrauens.

Kinderspielplatz mit angeschlossenen Campingplatz

10.06.2023 Lethbridge. Tag 24 – Ruhetag

Ich bin jetzt acht Tage hintereinander gefahren. Eigentlich wollte ich pro Woche einen Ruhetag einlegen. Aber irgendwie muß es auch ein einigermaßen attraktiver Ort sein, an dem ich dann freie Zeit verbringe. Dazu kommt, dass auch schlechtes Wetter angesagt war. Ich könnte die Gewitterperiode überbrücken. Die Alternative wäre, noch zwei oder drei Tage dran zu hängen. Ich hätte dann Medicine Hat erreicht, eine erheblich größere Stadt

Jetzt ist es eben Lethbridge! Im Nachhinein war die Entscheidung so schlecht nicht. Die Stadt ist so groß wie Moers, hat aber eine richtige Universität, eine Art Gallery und diverse Museen.

Prägend für die Stadt ist das Lethbridge Viaduct. Das ist eine über hundert Jahre alte Eisenbahn-Brücke der Canadian Pacific Railways. Durch die große Anzahl der Pfeiler auf der sie steht, gibt sie ein ganzes besonderes Bild ab. Normalerweise wird eine Brücke dieser Spannweite mit Brückentürmen gebaut, die dann über Stahlseil oder -träger die Konstruktion halten. Natürlich habe ich der Brücke einen Besuch abgestattet. Ich kam ganz nah dran, konnte sogar auf einen Träger klettern.

Die Brücke über den Old Man River. Über 100 Jahre alt und wird immer noch befahren.
Durch die 1,6 Kilometer lange Konstruktion geknipst: alles schön symmetrisch!

Auf den Weg zum Viadukt stieß ich auf einen Farmers Markt, der wohl immer samstags stattfindet. Nichts besonderes: frisches Obst und Gemüse, selbstgemachte Seife usw. Was mir auffiel, waren seltsam gekleidet Leute, die untereinander einen deutschen Dialekt sprachen. Über das Schild an Ihrem Stand erfuhr ich, dass sie aus einer Hutterer-Kolonie sind. Das sind Nachkommen deutscher Einwanderer, die wegen ihres Glaubens von den Protestanten und Katholiken schikaniert wurden. Sie legen die Bibel wortgerecht aus. Privatvermögen und Kriegsdienst wird abgelehnt. Interessant ist, dass es nur 25 Familiennamen gibt. Die Hutterer heiraten nur untereinander und haben viele Kinder. Die Heirat wird immer von der Kolonie arrangiert.

Die Hutterer der Rock Lake Colony

Ein anderes Highlight der Stadt ist der Henderson Lake Parc. Alles ist sehr sauber und gepflegt. Die Kanadier scheinen ein Fabel für Wettbewerbe zu haben. Studenten trainierten für eine Kanu -Regatta und es fand am See ein Volkslauf statt

Paddel- Trockentraining
Jetzt dürfen sie aufs Wasser
Der Henderson Lake
Die Umgebung ist eine „feine“ Adresse…
…ein paar Straßen weiter, schöner Normalzustand.
Das alte Gebäude der Katholischen Wohlfahrt, wird wohl saniert.
Mittagspause im Park.
Graffiti mit Denkaufgabe
Nicht das Rathaus, die Canadapost!

09.06.2023 Lethbridge. Tag 24 – 1260 Kilometer

Mein Standort heute Abend

Die Wetterprognose hat mich heute früh aus der Horizontale geholt. Es hat die Nacht schon gewittert. Bis gegen 9 Uhr war eine Regenpause vorher gesagt. Die wollte ich nutzen. Um halb Sieben saß ich bei McDonald’s zum Frühstück. Haferbrei ging heute nicht. Pünktlich um Sieben rollte ich vom Hof.

Wenig glaubhaft, daß ich heute trocken bleibe

Für morgen habe ich einen Ruhetag geplant. Den wollte ich dort verbringen, wo es auch was zu sehen gab. Also beschränkte ich mich heute auf 56 Kilometer. Ich wollte Lethbridge als größere Stadt erreichen So hatte ich auch die Chance nicht stundenlang im Regen fahren zu müssen. Genau zur Hälfte der Strecke fing es an zu gießen und hörte bis zum Ziel nicht auf.

Für 15 Uhr waren 48 km/h Gegenwind vorher gesagt. Dem bin ich glücklich entgangen.
Malerische Einöde
Das einzige topografische Highlight: das Tal des Old Man Rivers
Also doch Prärie. Auf die Ölpumpen habe ich die ganze Zeit gewartet.

Etwas abseits der Straße viel mir ein mit Blumen geschmücktes Rad auf. Hier ist 2015 wohl eine Triathletin verunglückt.“ride hard, smile often“ war in den Sockel graviert. Ein schönes Motto. Als ich dort stand, stürzte ein anderer pudelnasser Bikepacker auf mich zu. Er war aus Edmonton und wollte auch nach Halifax. Von Peter, den ich noch in Rockys getroffen hatte, wusste er, dass ich auf der gleichen Route unterwegs war. Er machte aber täglich über hundert Kilometer. Ihm standen nur vier Monate zur Verfügung. Welch ein Luxus, dass ich diesen Stress nicht habe.

Von allen Seiten Wasser
Aufwärmen bei Tim Hortons. Ich hatte eine Pfütze unter dem Stuhl
Das Lethbridge Viadukt an der Zufahrt zu Stadt

Die letzten Kilometer konnte ich dann im Trockenen fahren. Wegen des Gewitters und auch der schlechten Prognosen für morgen habe ich mich in einem Motel eingebucht. Gleich nach meiner Ankunft öffnete sich der Himmel.

Bin ich froh ein Dach über Kopf zu haben! Blick aus meinem Motel.

08.06.2023 Fort Macleod. Tag 23 – 1204 Kilometer

Meine Position heute Abend
Bevor es losging, mußte ich erst noch einen Platten flicken. Den ersten der Tour.

Heute geht’s endgültig raus aus den Bergen. Ich habe bei der Planung gesehen, daß es fast nur bergab geht. Also wollte ich die 92 Kilometer schaffen. Die 310 Höhenmeter habe ich in den Skat gedrückt. Es ging wie immer, auch hier in Alberta, den Highway Nr.3 entlang.

Die ersten Kilometer waren noch Hochgebirge pur. Man sah die zerklüfteten Gipfel und riesige Geröllfelder.

Abschied von den Bergen

Die ganze Gegend ist spürbar vom ehemaligen Kohlebergbau geprägt. Ich kam auch am einem Friedhof für die Toten eines Grubenunglücks von 1914 vorbei. In Hillcrest starben damals fast 190 Kumpel bei einer Methangas Explosion. Sogar James Keelaghan hat ein Lied darüber geschrieben, „Hillcrest Mine“ heißt es.

Wie, als hätte jemand einen anderen Film gestartet, änderte sich schlagartig die Landschaft. Bäume gab es bald gar nicht mehr. Ich konnte Kilometer weit über Grasland schauen.

Plötzlich flach!!
Die Cowboys sind aus Blech
Es gab auch romantische Orte

Ich hatte jede Stunde mehr mit dem Wind zu kämpfen. Zum Schluss waren es über 35 km/h. Wie es eben so ist, kommt der Wind nicht immer von hinten. Diesmal kam er von vorne. Das bisschen Gefälle, war dann auch nichts mehr wert. Ich musste einfach immer strampeln. Für den frühen Nachmittag war ein Gewitter angesagt. Vorher wollte ich in Fort Macleod sein. Also machte ich auch Tempo so gut es ging. Entsprechend fertig war ich dann auch.

Wenn mich die Rotoren mit dem Hintern ansehen, habe ich schlechte Laune

Jedenfalls war ich froh, dass ich vor um 15 Uhr in Fort Macleod war. Ich habe mir wegen der Unwetter-Warnung ein Motel gebucht. Sicher ist sicher. Vor dem Einchecken war ich noch bei McDonald’s und Tim Hortons meine Kohlenhydratspeicher auffüllen. McDonald’s hat hier auch einen fleischlosen Burger. Wenn ich den am Terminal auswähle, denken die immer, ich habe mich vertippt und fragen extra nochmal nach, ob ich das ernst meine.

07.06.2023 Blairmore. Tag 22 – 1112 Kilometer

Meine Position heute Abend um

Heute stehen gleich zwei wichtige Ereignisse an. Ich verlasse die Provinz Britisch Columbia und erreichen aller Wahrscheinlichkeit den höchsten Punkt meiner Tour. Die Strecke wird 71 Kilometer betragen und es geht 670 Meter hoch. Der höchste Punkt ist der Crowsnest Pass mit 1358 Meter.

Die Anfahrt zu eigentlichen Pass-Straße war moderat. Ich hatte Gelegenheit und Muße mir die Berge anzusehen. Morgens und abends sind sie besonders schön, die Sonne steht dann tiefer und die Kontraste sind größer. Die richtige Auffahrt beginnt dann in Sparwood.

Eine der letzten Berge, die ich in British Columbia zu sehen bekomme: Mont Hosmer mit 2500 Metern

Sparwood ist eine kleine Bergarbeiter-Siedlung. In diesem Gebiet wird immer noch Kohle abgebaut. Wenn ich das richtig gesehen habe, werden die Stollen horizontal in den Berg getrieben. Fördertürme hab ich nirgends gesehen. Die Kohle und der Abraum wird dann mit Riesen-Trucks abtransportiert. Einer dieser Ungetüme steht im kleinen Gemeindepark. Gleich hinter Sparwood geht es dann bergauf für 20 Kilometer.

Das Monster ist 6,90 Meter hoch und wiegt beladen 600 Tonnen. 3300 PS hat er unter der Haube
Das ist die Pass-Straße

Man fährt ganz stoisch Tritt für Tritt die Steigung hoch und freut sich, dass mit jeder Kurbelumdrehung dem Gipfel näher kommt. Ich brauche auf meiner Tour nicht wieder so hoch zu strampeln. Das letzte Mal also. Das motiviert auch.

Vor der Auffahrt auf den Pass wird jeder LKW gewogen

Den Pass hätte ich fast verpasst, wenn mich nicht zwei euphorische E-Biker darauf aufmerksam gemacht hätten. Dafür, daß der Pass dem Highway dem Namen gegeben hat, ist er relativ schmucklos ausgestattet. Gleich hinter dem Pass beginnt Alberta, die zweite Provinz, die ich durchfahre.

Ich auf dem Pass, damit ich noch ein Meter höhe gewinne, hat der Truck-Fahrer mich auf seinen Trailer gelassen
Die Grenze zu Alberta

Hinter dem Pass sieht das Gebirge anders aus. Es ist nicht mehr so stark bewaldet. Die Besiedlung ist auch dichter. Ich musste auf der Abfahrt einige Zwangspausen einlegen. Auf albertinischer Seite wurde die Straße neu asphaltiert. Der Verkehr läuft dann wechselnd immer in einer Richtung. Bei uns wird das über Ampeln geregelt. Hier machen das Streckenposten . Ich war immer der Erste in der Schlange der wartenden Autos. Alle Streckenposten haben mich erst einmal ausgefragt. Bergab ging es dann über eine funkelnagelneue Asphalt-Decke.

Wärme von oben und Wärme von unten. Zum Glück ging es bergab.
Der Ermerald Lake mit türkisem Wasser
Der Blick ist weiter auf der anderen Seite der Rocky Mountains
Eine originelle Kirchen-Bemalung in Coleman.

Kurz vor dem Ziel habe ich auf dem Highway noch einen anscheinend Obdachlosen überholt. Der schob sein Rad mit allem Kram bergab. Da er kein Wasser mehr hatte, gab ich ihm meine Reserven. Ich hatte ja nur noch ein paar Kilometer. Übernachten werde ich heute auf einen kleinen Campingplatz in Blairmore. Der wird von einer Schweizerin betrieben. Es tut gut, mal wieder deutsch zu kommunizieren.

06.06.2023 Fernie. Tag 21 – 1041 Kilometer

Meine Position heute Abend

Heute ist ein besonderer Tag. Ich überschreite die erste Tausend-Kilometer-Schwelle. Noch eine Etappe und ich habe Britisch Columbia und die Rocky Mountains hinter mir gelassen. So sehr ich die Berge auch verflucht habe, aber die Landschaft birgt so viele Überraschungen. Hinter jeder Kurve oder jedem Anstieg bekommst du ein anderes Bild geboten. Wer weiß, vielleicht werde ich das in den mühevollen Ebene vermissen.

Heute Morgen hatte ich noch ein „Jetlag“. Um Sechs wollte ich aus dem Schlafsack. Das Gefühl sagte mir, es ist erst Fünf. Der Wechsel in die Neue Zeitzone hinterlässt Doch Spuren. Egal! Um halb Neun war ich auf dem Rad.

Mir standen heute 90 Kilometern bevor, fast 10 Kilometer mehr als gestern. Ein paar Höhenmeter mehr waren auch abzustrampeln. Aus der Gewissheit, in zwei Tagen den ersten großen Abschnitt zu Ende zu bringen, schöpfte ich zusätzlich Energie.

Die ersten 30 Kilometer fuhr ich auf einer ganz normalen Landstraße. Da ich gestern ein paar Kilometer weiter nach Norden gefahren war, um meinen Campingplatz zu erreichen, führte mich diese Straße auf dem kürzesten Weg zum Highway Nr.3. Das war ein glücklicher Umstand. Außer ein paar Schulbussen war niemand sonst unterwegs. Die Strecke war traumhaft schön. Es ging oberhalb vom Bull River und besagter Eisenbahn-Trasse entlang. Links sah man die mächtigen Bergmassive und links das breite bewaldete Tal.

Zum Seele baumeln lassen.
Der Bull River

Als ich wieder auf dem Highway war, lief das nicht ganz so entspannt. Der Verkehr hielt sich aber in Grenzen und man konnte Kilometer „fressen“. Mich überholte dann irgendwann ein anderer Radler auf einem Rennrad. Peter war in meinem Alter und fuhr mit logistischer Unterstützung seiner Frau. Die sammelte ihn dann abends mit dem Camper wieder auf. So musste er auch kein Gepäck transportieren. Kurios war, dass er schon in Castlegar in seiner Unterkunft von mir gehört hatte und wusste, was ich vor hatte. Er hat sich richtig gefreut, mixh nun getroffen zu haben. Einen Tip hatte er auch für mich: in Ontario sind die Straßen so schlecht, ich sollte nach Minisota ausweichen. Leider nicht zu realisieren.

Zu Beginn des dritten Drittel schwenkte der Highway nach Norden, hinein in die Berge. Jetzt hatte ich richtiges Hochgebirgs-Feeling. Die Anfangssteigung hatte es in sich, dann ging es aber lange auf einem Niveau Richtung Fernie. Ich konnte also die Landschaft voll genießen

Zum Glück, kaum Verkehr
kurz vor Fernie der Blick auf die Three Sisters. Big Sister ist 2900 Meter hoch.

Zur Feier der Tausend Kilometer gönnte ich mir für heute Nacht ein festes Quartier. Das war so ein Appartement-Haus mit Schlüsseltresor und ohne jedes Personal. Ich brauchte eine Weile bis ich Zugang hatte. Mir fehlte der Code für mein Zimmer. Also erst einmal ein offenes WiFi suchen, die Mail empfangen, die ich inzwischen bekommen hatte und drin war ich. Es gab sogar eine saubere Badewanne. Das habe ich natürlich ausgenutzt.

05.06.2023 Fort Steel. Tag 20 – 950 Kilometer

Mein Standort heute Abend

Meine Aufenthalt am Moyie River war in dem Sinne besonders, dass ich ohne Dusche auskommen musste. Der Fluss hat genügend Wasser. Also stieg ich ins Wasser und versuchte auf den glitschigen Steinen hat zu finden. Der Effekt war zufriedenstellend. Ich fühlte mich sauber als vorher und auf jeden Fall frischer.

Sieht frisch aus. Ist es auch!

Heute machte ich mich auf den Weg nach Cranbrook bzw. noch etwas weiter, bis Fort Steel. Dort gibt es einen Campingplatz mit guten Referenzen und auf jeden Fall mit Dusche. Die Distanz beträgt 84 Kilometer und 580 Höhenmeter sind zu klettern. Komoot klassifiziert die Tour als mittelschwer. Ich steige also ganz entspannt auf mein Rad. Aus Gewohnheit halte ich an der ersten Tankstelle an und hole mir einen Kaffee. Das machen anscheinend viele so. Oft haben die kleinen Orte an der Strecke keine andere Infrastruktur mehr, als diese Gas-Stations. Die sind dann Bäcker, Kaffee, Lottoladen, Poststelle und Gemischtwarenladen in Einem.

Der morgendliche Tankstellenplausch
Wieder bestes Wetter und Pferde auf der Weide. Also keine Bären zu erwarten.

Am Moyie-River entlang führt eine wichtige Bahntrasse. Diese wird von der Canadian Pacific Railway betrieben. Das die Strecke führt von Vancouver bis Montreal. Somit können Güter von Atlantik ( St. Lorenz Strom) bis an den Pazifik verfrachtet werden. Eine echte Alternative zum Schiff, das immer durch den Panama-Kanal muss. Die Züge fahren anscheinend nur nachts. Das meinen Schlaf unruhig gestaltet.

Einen fahrenden Zug hab ich leider nicht vor die Linse bekommen
Mal ein Foto mit Mensch. Preisfrage.Welches von meinen beiden T-Shirts habe ich an? Beide sind orange.
Ein beachtenswertes Ereignis: ich habe noch nie auf dem Fahrrad eine Zeitzone gewechselt.

Cranbrook eine der größeren Städte die ich passiert habe. Das erkennt man an den zwei Tim Hortons -Filialen. Ich habe aber nur an einer gehalten. Bei der Durchfahrt wirkt die Stadt aber leider wie ein riesiges Gewerbegebiet. Ich kam gar nicht auf die Idee, ein Foto machen. Bis auf eins: das Museum der Canadian Pacific Railway. Es gibt übrigens die Möglichkeit mit einem Hotel-Zug von Toronto nach Vancouver zu fahren. Das macht aber ein anderes Bahnunternehmen.

Die historische Lok im 50er-Jahre-Style
Die Aufgabe für die nächsten zwei Tage. Da muß ich irgendwie dran vorbei.

Mein Campingplatz für heute Abend ist um einiges besser ausgestattet. Es gibt eine Dusche und einen Stellplatz im Schatten. Der Eigentümer betreibt auch eine Tankstelle. Da bekomme ich gleich meinen Kaffee, noch bevor ich los fahre.

Beide T-Shirts auf der Leine. Ich hab also noch ein drittes ….ist nicht orange!

04.06.2023 Yahk. Tag 19 – 866 Kilometer

Meine Position von heute Abend

Heute ist Sonntag oder auch eben nicht. Für mich sind jetzt wohl Sonntage, die Tage an denen ich eine Pause einlege. Gefühlt ist das so. Also bin nach dem Wachwerden so gegen Sechs gleich ans Werk. Haferbrei, Zeltabbau, Fahrrad bepacken und los ging es. Da ich jetzt die letzte Propan-Kartusche angebrochen habe, versuchte ich in Creston noch Ersatz zu bekommen. Leider erfolglos. Die nächste Stadt erreiche ich ja schon morgen. Was soll’s!

Highway Nr. 3 hat mich wieder

Die Strecke, die ich heute fahre ist die Hälfte der Strecke, die ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Es ist wieder so heiß und die geplante Distanz von über 100 Kilometern würde in eine einzige Plackerei ausarten. Bin ich eben einen Tag länger in den Rockys! So habe ich heute 41 Kilometer und 430 Höhenmeter absolviert.

Jetzt geht’s wieder die Täler hinauf, also kein auf-und-ab – Stakkato wie die letzten beiden Tage, als es am See entlang ging. Die Anstiege sind jetzt länger und die Abfahrten gehen nicht ganz so tief hinunter. So habe ich jetzt eine Höhe von 850 Meter ü.d.M. als Basis für den großen Sprung über den letzten Kamm der Rocky Mountains

Der Goat River ist kein reissender Fluss, demzufolge ging es moderat bergauf.

Erst führte die Straße den Goat River hinauf und dann musste ich stärker Klettern um in das Tal des Moyie Rivers zu gelangen.

Sieht noch aus wie der Schwarzwald. Hört sich aber anders an: Kaum Motorräder
Ein Campingplatz nur für Rider. Ich bin ein Biker, oder? .. oder ein Cycler? Hatte keine Lust, zu fragen.

Im Prinzip bin ich heute nur einen großen Berg hoch und wieder runter gefahren. Habe mich schon immer wieder vor mir selbst gerechtfertigt. Dann kam die Erlösung aus dem schlechten Gewissen. Meine Kette ist gerissen! Das geschah genau in der Einfahrt zu dem ersten Campingplatz meiner Wahl. Glück im Unglück! Basteln auf der Strecke ist nicht ganz so komfortabel. Weiterfahren bis ans das ursprüngliche Ziel wäre somit gar nicht möglich.

Oben: gerissene Kette; unten links: Reparatur mit Kettennieter; unten rechts: Kette wieder daran.

Zum Glück hatte ich Kettenschlösser und einen Kettennieter mit. So konnte ich das aufgebogene Kettenglied ausnieten und ein Schoss einsetzen, dass sich auf Zug schließt. War ich froh, das ich den Kram mitgeschleppt habe. Dafür kann man schon mal ein T-Shirt zu Hause lassen. Ich habe mich seit gestern Mittag schon immer wieder gefragt, was mit meinem Rad nicht stimmt. Es war irgendwie nicht gut drauf, knackte und knurrte immer vor sich hin. Ich danke ich musste die Schaltung nachstellen. Aber nein, es warf mir die Kette vor die Füße!

Mein Zelt am Moyie River. Das Über-Zelt mach ich erst drauf, kurz bevor es dunkel wird. So kann alles trocken und lüften

Der Campingplatz hat eine Super-Website. Als ich da war, gab’s den Platz aber erst in der Aufbauphase. WiFi, Wasser und Strom funktionierten schon. Eine Dusche und ein Klo fehlten noch. Gewaschen hab ich mich im Moyie. Aufs Klo muss ich nicht, hoffe ich mal, sonst gibt es ein Dixi-Klo. Zwei große Hunde rennen hier rum. Lebensmittel wegschliessen wegen der Bären ist somit nicht nötig, erklärt man mir. Die Chefin war super freundlich und das ganze hat mich 17 € gekostet. Es was soll’s!

In 10 Minuten verwendet die Sonne hinter den Bergen

03.06.2023 Creston. Tag 18 – 825 Kilometer

Mein Standort heute Abend

Die Nacht im Wald war ungewöhnlich. Totale Ruhe. Die nächste befahrene Straße war nicht in Hörweite. Kein Wind. Nichts als Natur. Meine Camper-Nachbarin hat mir unaufgefordert angeboten, meine Lebensmittel über Nacht in ihren Pickup zu legen, „… wegen der Bären“. Ich war der Einzige, der im Zelt schlief und noch dazu auf dem äußersten Stellplatz. Mein Bärenspay habe ich mit ins Zelt genommen. Bei jedem Knacken wurde ich wach. Dazu kam noch dass die Katze besagter Nachbarin seit dem Morgen auf einem Baum sass und nicht mehr runter kam. Sie (die Katze und nicht die Nachbarin) jammerte immer wieder. Ich war froh, dass es hell wurde ich aufstehen konnte

Heute stehen wieder 80 Kilometern auf dem Programm. Dafür sind es diesmal fast tausend Höhenmeter. Das besondere dabei: es ist eigentlich eine Strecke die fast immer auf dem gleichen Höhenniveau verläuft. Eine „Mäusezähnchen“ – Etappe. In kurzen Abständen geht’s immer auf und ab. Dadurch sammeln sich die Höhenmeter an. Dem entsprechend geschafft war ich auch. Zusätzlich war es seit Mittags immer über 25 Grad warm

Die Mäusezähnchen
Bis an das nicht sichtbare Ende und noch etwas weiter muss ich heute.

Dadurch, dass das Ostufer des Kootenay Lake nur per Fähre zu erreichen ist, und schwere Trucks nicht befördert werden, war die Straße fast leer. Irgendwie hatte ich das Gefühl wie auf einer Insel unterwegs zu sein.

Ich hätte freihändig fahren können.
Ein Maikäfer – Café für mein zweites Frühstück
Das Glashaus. Die Wände sind aus leeren Flaschen gemauert. Die Flaschenböden sieht man.

Am Ufer entlang stösst man sehr oft auf abgeschlossene „private Siedlungen“. Alles sieht sehr teuer aus. Für die Kanadier mit Geld ist diese Lage anscheinend sehr attraktiv. Hanglage mit vollem Blick auf den See und eigener Zugang zum Wasser. Ich möchte nicht wissen was das kostet.

Eine Kampagne der First Nations gegen den Ausverkauf ihrer Heimat
Kurz vor Creston. Das Tal wird immer weiter. Eine Ranch, wie ich sie wohl noch öfter sehen werde auf dem flachen Land

In Creston angekommen schnappte ich mir den ersten Campingplatz. Ich hatte Glück und konnte bleiben. Was ich hier als Kontrast zu Vornacht bekam, war Camperidylle. Ein bisschen spießig aber komfortabel.

Zelt ist aufgebaut, Tüten- Suppe ist gekocht. Wäsche ist gewaschen

Das Beste zu Schluss: ein lieber ehemaliger Kollege hat die Summe voll gemacht. Wir haben mein Spendenziel erfüllt. Vier Kinder können jetzt in Afrika mit dem Fahrrad zu Schule fahren. Herzlichen Dank an alle. Wie es mit meiner Kampagne weiter geht, überlege ich mir. Die Zeit ist ja noch nicht rum.

DANKE!!!!

02.06.2023 Kootenay Bay. Tag 17 – 745 Kilometer

Meine Position heute Abend

Das Beste zu Beginn: in meiner Spendenaktion sind jetzt 533 Euro zusammen gekommen. Vielen Dank an alle Spender. Für das vierte Fahrrad  fehlen jetzt nur noch 55 Euro.

Ich habe mich entschieden die nächsten Tage nicht weiter dem Highway Nr.3 zu folgen, sondern die Alternative, den Highway Nr. 3A zu nutzen. Wäre ich der Nr.3 weiter gefolgt, hätte ich  zwar 50 Kilometer Strecke gespart aber 500 Höhenmeter mehr zu bewältigen. Zur Entscheidung beigetragen hat vor allem die Aussicht, zwei Tage am Wasser entlang fahren zu können. Erst geht es am Kootenay River entlang, dann am Ostufer des Kootenay Lake Richtung Süden. Für heute bedeutet das 80 Kilometer Strecke und 620 Höhenmetern. Es gibt aber kaum längere Steigungen. Es geht immer auf und ab. Da kann man in kürzeren Abständen auch mal die Beine hoch nehmen, weil es bergab geht.

Der Kootenay River am Morgen
Heute mal Elche, die sich Aufmerksamkeit verschaffen

Der Kootenay  River wurde  um 1930 in mehreren Stufen aufgestaut und mit Wasserkraftwerken versehen. Soweit ich das erkennen konnte, sind alle in noch in Betrieb, wenn auch modernisiert. Nach meinem Verständnis hat sich dadurch auch der Kootenay  Lake  gebildet. Der See ist über 100 Kilometer lang. Das sind wäre bei uns sicher der größte See Deutschlands. Hier ist er ein kleiner unter vielen.

Eines der Kraftwerke
Der Kootenay Lake

Die Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten am Ziel ist begrenzt. Am Ende der Etappe gibt es eine Fährverbindung über den See. Auf der Seite, wo die Fähre ablegt, gibt es ein Dorf und einen Campingplatz, der ganz schlecht bewertet wird, dafür aber noch andere, feste Übernachtungsalternativen. Auf der Seite, wo die Fähre anlegt, gib es nichts mehr außer einen Campingplatz mit gutem Rating. Ich bin das Risiko eingegangen und habe mich „übersetzen lassen“. Wieder Glück gehabt. Der Platz liegt so ziemlich in der Wildnis, hat aber alles, was ich gern hätte: eine Dusche  und sogar Strom. So brauche ich außerdem morgen früh nicht als erstes auf die Fähre warten. Ich bin gleich auf der richtigen Seite und kann losradeln.

Mein Zelt ins der Wildnis

Die Fähre fährt  bestimmt 15 mal am Tag und ist 45 Minuten unterwegs. Am Terminal habe nicht keinerlei Kassenhäuschen oder Hinweise auf den Preis der Überfahrt gesehen. Die Fähren kosten nichts, man zahlt  genügend Steuern, erklärte mir ein Autofahrer. Als es dann los ging haben mich alle zuerst auf die Fähre gelassen. Kein Wettrennen oder so etwas…

Die kostenlose Fähre. Hatte sogar ein Bordbistro.