
Heute ist aus statistischen Gründen wieder ein besonderer Tag. Ich überschreite kurze Zeit nach dem Start die 4000-Kilometer-Marke. Jetzt bin ich acht Wochen auf dem Fahrrad und ich habe immer noch kein Problem damit, mich morgens wieder drauf zu schwingen. Ein Motivationsloch habe ich zum Glück noch nicht erlebt. Vielleicht liegt das daran, dass ich mir immer Zwischenziele setze. Ich denke immer in 700- Kilometer-Schritten. Bisher war es immer so, dass dann eine größere Stadt die Möglichkeit zu einem Ruhetag gibt. Das sind dann immer so acht, neun Tage. So habe ich nicht immer Halifax als Endziel zum Maßstab.

Die etwas über hundert Kilometer waren heute ganz easy. Ich hatte massiven Rückenwind zum Geschenk, musste sogar eine längere Mittagspause machen, damit ich nicht zu früh auf dem Campingplatz bin. Richtig warm ist es nicht. Am Mittag sind es so um die zwanzig Grad. Das ist zum Radfahren eigentlich optimal.

Die Landschaft hat sich total verändert, als hätte man einen Schalter umgelegt. Ich bin jetzt auf mehr oder weniger flachen Farmland unterwegs. Alle zehn bis zwanzig Kilometer gibt es einen Ort, oft sogar eine Tankstelle. Das entspannt. Der Druck, sich vollständig autark zu organisieren fällt weg. Ich bekomme unterwegs wieder Wasser und etwas zu Essen. Richtig europäische Verhältnisse haben sich eingeschlichen.


Der Trans-Canada-Highway beginnt zu nerven. Man hat den Standstreifen nur geschottert. Ich muss also auf der Fahrbahn fahren. Die Straße ist schlecht und der Verkehr wird dichter. Noch 126 Kilometer, also etwas mehr als einen Tag, dann trenne ich mich vom Trans-Canada-Highway. Jetzt gibt es Alternativen, die man fahren kann. Zwei Opas an einer Tankstelle und auch die Chefin von meinem heutigen Campingplatz habe mich darin bestärkt, eine Fähre über den Lake Huron zu nehmen. Das ist zwar nur vier Kilometer kürzer, als auf dem Highway zu bleiben, aber eine willkommene Abwechslung. Vor allem bin ich den Dichter werdenden Verkehr los.
Ich habe heute einige Amish People mit ihren Pferdekutschen auf der Straße gesehen. Gelesen habe ich, daß sie moderne Technik im Allgemeinen ablehnen, insbesondere das Auto. Dadurch entsteht Mobilität und das schwächt den Gruppenzusammenhalt. Es gibt wohl in Ontario ein Dutzend Amish-Gemeinden.
