06.07.2023 Thunder Bay. Tag 50 – 3272 Kilometer

Mein Standort heute Abend

Eine ganz kurze Etappe steht heute an. Ich fahre das Stück (vierzig Kilometer), daß ich gestern nicht mehr geschafft hätte und erreiche heute die Großen Seen. Ich bin am Lake Superior, dem westlichsten der berühmten Seen. Thunderbay Bay ist die größte Hafenstadt an diesem See. Genau genommen könnte ich jetzt mit einem Kajak bis an den Atlantik. Die Seen sind miteinander und mit dem Sankt-Lorenz-Strom verbunden. Der mündet wiederum in den Atlantik.

Ich kam etwas schwerer aus dem Schlafsack. Die Stunde Zeitverschiebung macht immer wieder etwas aus. Bisher schien immer schon die Sonne, wenn ich aus dem Zelt kroch. Heute hatte sie die Baumwipfel noch nicht überstrahlt.

Morgenstimmung. Bevor ich in das rummelige Stadtgebiet eintauche.

Ich habe mir heute Morgen noch einmal die Kakabeka Falls angesehen und es nicht bereut. Das es ziemlich kalt war dampfte das Wasser. Das machte die Szenerie noch mystischer.

Die Kakabeka Falls

Die Strecke nach Thunder Bay war in etwas über einer Stunde abgeradelt. Ich hatte Zeit mich um eine Unterkunft und meine Wäsche zu kümmern. Mit Laundromaten (so heißen hier die Waschsalons) habe ich inzwischen Routine. Acht Blocks vor meiner Unterkunft habe ich einen gefunden. Mein Motel hat mir ein Kellerzimmer bereitgehalten. Angeblich war nichts anderes mehr frei. Egal! So habe ich wenigstens im Falle Tornados den sichersten Platz.

05.07.2023 Kakabeka Falls. Tag 49 – 3232 Kilometer

Mein Standort heute Abend

Die Nacht war eine Nacht der Schlacht mit unzähligen Mücken. Ich habe mein Zelt vor dem Regen aufgebaut. Mit dem Regen in der Nacht kam der Temperaturabfall und die Mücken suchten sich den wärmstens Platz. Dieser Platz war mein Zelt, besser der Zwischenraum zwischen Überzelt und Zelt. Dummerweise musste ich nachts einmal das Zelt verlassen. Damit waren innerhalb weniger Sekunden die Mücken in meinem Zelt. Eine halbe Stunde lang habe ich Mücken erschlagen. Nach dem Aufstehen ging die Invasion weiter. Ich habe dann mehr oder weniger fluchtartig den Campingplatz verlassen.

Einsamer Start in einen grauen Tag.

Heute stehen einhundertzwölf Kilometer auf dem Plan. Der Tag ist trübe und erheblich kühler als die letzten Tage. Zum Glück habe ich Rückenwind. Das hilft ungemein. Es wird auch wieder bergig. Da ist.ws gut wenn es bergab richtig rollt und der Wind zusätzlich schiebt und nicht bremst

Immer noch dichte Wälder

Heute habe ich wieder eine neue Zeitzone erreicht. Das ist das vorletzte Mal, daß ich meine Uhr vorstellen muss. Das „Eastern“ motiviert schon. Ich bewege mich merklich Richtung Atlantik.

Eastern Standard Time. Jetzt seid ihr mir nur noch 6 Stunden voraus.

Dazu kommt als zweites geografisches Großereignis, dass ich die Wasserscheide zum Atlantik überschritten haben. Ab jetzt fließt alles mit mir zusammen Richtung Osten.

Die Strecke selbst war wohl die letzte „Sibirische“. Schon im letzten Drittel würde es erheblich belebter rechts und links von der Straße.

Mal eine schöne Kirche. Oft sehen sie aus wie flache Baracken.
Richtige Berge! Mal sehen wie es mit dem Relief weiter geht ..

04.07.2024 Upsala. Tag 48 – 3120 Kilometer

Mein Standort heute Abend

Heute hatte ich wieder Gelegenheit, vor dem Start noch einen Kaffee zu trinken. Die einzige Bar in Ignace hatte um Sieben schon auf. Die Nacht war ruhig. Ich konnte sehr gut schlafen. Im Hintergrund hört man zwar immer die Trans- Canadian- Eisenbahn, aber inzwischen ist das ein vertrautes Geräusch. Ich glaube die ganzen 3000 Kilometer fahre ich mal mehr oder weniger nah an dieser Trasse entlang.

Die Strecke ist heute knapp über hundert Kilometer lang. Die Kanadier, mit denen ich über meine Route gesprochen habe, sagen ich wäre in „kanadadisch Sibirien“ unterwegs. Heute konnte ich das gut nachvollziehen. Es gab außer dem Highway keine Anzeichen von Zivilisation. Rechts Fichten, links Fichten und ab und zu mal ein See oder Flusslauf.

Eine deutliche Warnung vor dem Vakuum. Limited bedeutet Nothing
Fichten im Sumpf
Der English River
…und wieder kanadische Fichten.

Die hundert Kilometer waren trotzdem relativ schnell abgeradelt. In meinem Kopf war das die Generalprobe für morgen, da muss ich im gleichen Gelände einhundertzwölf Kilometer unter meine Reifen bringen. Ich habe aber den Vorteil, daß auf der Strecke ein paar Tankstellen zur Auflockerung an die Straße gebaut wurden.

Upsala, mein heutiger Übernachtungsort, ist eigentlich eine Tankstelle und ein „Dorf-Konsum“ mit ein paar Häusern drum herum. Aber es gibt einen Campground, von einer älteren Dame betrieben. Alles ist etwas provisorisch. Es gibt weder Trinkwasser noch Strom. Zum Glück ist meine Powerbank immer aufgeladen und mein Wasserfilter kommt dann heute zum zweiten Mal zum Einsatz. Als es am Nachmittag anfing zu regnen, war mein Zelt aufgebaut. Glück gehabt!

Mein Campingplatz
Der Dorf-Konsum.

03.07.2023 Ignace Tag 47 – 3015 Kilometer

Mein Standort heute Abend

Heute Morgen habe ich mich zeitig aus meinem Angler Camp geschlichen. Für sieben Uhr war Regen angesagt und ich wollte das Zelt noch trocken einpacken. Knapp neunzig Kilometer sollen es heute werden. Mit viel Glück nutzt mir des Westwind, der heute weht. Meine Fahrtrichtung ist mehr Süd-Ost. Halber Rückenwind ist besser als nichts.

Merkel’s Camp. Da fällt der Abschied schon schwer.
Der Wabigoon River am Morgen
Ein leerer Highway, obwohl Montag ist.

Die Strecke ist wenig aufregend. Wald bis zum Horizont. Es wird an der zweite Hälfte wieder bergig. Aber in der Beziehung habe ich mich ja schon gut eingefahren.

Etwas bedrückend bist die Gewissheit, dass von Start bis Ziel nichts ist: keine Ortschaften, keine Tankstelle, nichts! Da es in meinem letzten Camp kein Trinkwasser gab, musste ich meine Trinkflaschen mit selbst gefiltertem Wasser auffüllen. Wie es aussieht, habe ich das ganz vertragen.

Ich habe die 3000-Kilometer- Marke erreicht. Die Hälfte meiner Tour ist bei 3350 Kilometer.

Kurz vor dem Ziel musste ich noch einmal in den Sprint gehen. Hinter mir haben sich Gewitter Wolken aufgebaut. Ich Habe es aber noch rechtzeitig ins den Subway am Ortseingang gerettet. Ich habe wieder ohne Probleme ein Platz für mein Zelt gefunden. Zum Glück ist noch nicht viel los. Im Shop des Campgrounds habe ich sogar eine Dose Bohnen ohne Fleischbeilage bekommen. Alles Super!

Eintausend-Einwohner-Stadt. Ein Eindruck von der kanadischen Provinz.
Jeweils 250 Kilometer bis zur nächsten Stadt. Aber Glasfaser- Internet. Zu Hause bin ich immer noch Kupfer-Verdrahtet.

02.07.2023 Wabigoon. Tag 45 – 2928 Kilometer

Meine Position heute Abend

Der gestrige Abend des Canada Day hat mit einem Feuerwerk des örtlichen Lions Club seinen Ausklang gefunden. Es war danach einigermaßen ruhig. Ausgeschlafen nahm ich diese letzte Kurz-Etappe vor dem nächsten Zwischenziel – Thunder Bay – in Angriff. Das waren 65 Kilometer, ein Katzensprung. In Dryden, das ist ein größerer Ort als die Etappenziele der nächsten fünf Tage, mache ich eine längere Pause. Bei Tim Hortons gibt’s guten Kaffee und schnelles Internet. So konnte ich auch nach Hause telefonieren.

Auf und ab, aber immer geradeaus

Die Landschaft ist nicht mehr so malerisch wie gestern. Keine Seen mit wilden felsigen Ufern mehr zu sehen. Was bleibt, ist der Wald und die Hügel. Die Straße geht jetzt wieder häufiger gerade aus. Also nichts aufregendes.

Der Eagle River.
Könnte auch in Harz sein..
Der Wabigoon River

Wabigoon, mein Ziel für heute, ist eigentlich als Ort gar nicht wahr zu nehmen. Ein paar Häuser, ein runtergekommendes Motel und das war es dann auch. Zum Glück habe ich einen Angler-Spot bei Google genauer angesehen. Siehe da, es gibt auch Plätze zum Zelten. Kurioserweise heißt die Anlage Merkel’s Camp. Sie liegt weiter weg von der Straße und der Bahnlinie. Es könnte eine ruhige Nacht werden. Das Beste aber, das Camp liegt direkt am Wabigoon Lake. Ein paar Schritte und ich hatte einen romantischen Ausblick.

Der Wabigoon Lake
Mein Wasserfilter kommt zum ersten Mal zum Einsatz. Es gibt kein Trinkwasser und einen Ort an dem das kaufen kann erst wieder in 90 Kilometern.

01.07.2023 Vermilion Bay. Tag 44 – 2863 Kilometer

Mein Standort heute Abend.

Heute ist Canada Day, der Nationalfeiertag der Kanadier. An allen passenden und unpassenden Orten sind Fähnchen angebracht. Der Tag ist fällt er auf einen Sonntag, wird er auf den nächsten Montag verschoben. Die Kanadier machen am diesem Tag Ausflüge mit der Familie.

Mein Campingplatz ist auch beflaggt

Heute morgen war mein Campingplatz bis auf den letzten Platz belegt. Die Lage ist ja auch phänomenal. Der Blick auf den See und Kerona zu Fuß zu erreichen. Der beste Standort für das Canada-Day-Familienwochenende

Morgenspaziergänger. Jedenfalls kein Bär

Was die heutige Herausforderung angeht, war diese nicht von Pappe. Insgesamt waren 94 Kilometer angesagt, was an sich kein Problem ist. Sportlich waren die 690 Höhenmeter. So viel bin ich das letzte Mal in den Rocky Mountains geklettert.

Die Landschaft war wie aus dem Bilderbuch. Bewaldete Hügel und unendlich viele Seen. Irgendwann habe ich mich gefragt, wie die Kanadier es schaffen, sich für jeden dieser Seen einen Namen auszudenken ohne sich zu wiederholen.

Auf alle Fälle verging die Zeit schneller als auf den gleichen langen Distanzen in der Prärie. Ich habe jetzt meine Ontario- Rhythmus gefunden: nach jeweils 60 Minuten eine Pause. Konsequent 10 Minuten ausruhen und eine halben Power-Riegel verdrücken. Dann kommt man gut über die Distanz, ohne den „Mann mit dem Hammer“ zu begegnen.

Der Bußgeld Katalog. Ich habe auf keinen Fall etwas zu befürchten.

Ich hatte die ganze Sorgen, daß mein Campingplatz am Ziel auch so voll ist, wie der auf dem ich letzte Nacht war. Zum Glück war das nicht so. Ich bin fast der einzige Nutzer. Die Betreiberin baut sich damit gerade erst ein Geschäft auf. Deshalb Dixi-Klo und Dusch-Zelt. Beides ist sauber und funktioniert. Also annehmbar. Die Chefin wollte mich zum großen Fisch-Dinner der Gemeinde schicken und war ganz perplex, dass ich so viel Fahrrad fahren ohne Fisch und Fleisch zu essen. Das kann gar nicht gehen…