
Heute geht es das letzte Mal in den Sattel. Das passiert mit dem gleichen Gefühl, wie die vielen anderen Tage zuvor auch. Es ist so normal geworden, auf dem Rad zu sitzen und sich aus eigener Kraft von einem Ort zum anderen zu bewegen. Nicht, dass das jetzt so weiter gehen muss. Was ich aber selbst nicht erwartet habe, es hat mich nicht ein einziges Mal Überwindung gekostet, auf das Rad zu steigen.
Das ist heute nicht anders als sonst. Das letzte Stück der Strecke zwischen Pazifik und Atlantik mißt knapp siebzig Kilometer. Die Herausforderung sind aber die Steigungen, die ich heute klettern muss. Das sind wieder sechshundert Höhenmeter. Der mentale Vorteil ist, das Meiste kann ich in einem langen Anstieg abarbeiten.


Unruhig, wie ich doch war, rollte ich schon kurz nach Sieben vom Hof. Die erste Stunde ging es flach zu. Eine schöne Gelegenheit, sich warm zu fahren. Ich hatte auch Muße, mich mit der Landschaft zu beschäftigen.


Unmittelbar bevor es in die große Steigung ging, taucht neben der Straße ein Schild auf. Die Straße wäre gesperrt. Das habe ich ignoriert. Meistens wird nur am Straßenbelag gearbeitet. Heute ist Sonntag. Da wird keiner auf der Baustelle sein und ich kann mich vorbei schleichen, dachte ich. Nach ein paar hundert Metern sah ich das Drama. Eine Brücke war wohl durch das letzte Unwetter weg gespült worden. Es gab keine Alternativroute außer der Autobahn. Sie scheidet aus. Also holte ich das Gepäck von Rad und trug erst das Rad und dann das Gepäck über das Geröll auf die andere Seite.


Das sollte dann auch die letzte Überraschung meiner Tour sein. Den letzten Teil der Strecke war ich in den Vororten von Halifax unterwegs. Das Navigieren durch das Umland von Großstädten ist immer nervig. Der Verkehr, zumindest hier in Halifax, sieht Fahrräder nicht vor. Ich bin die meiste Zeit auf vierspurigen Straßen unterwegs. Entsprechend bedient war ich. Es gab nichts, was sich gelohnt hätte, zu fotografieren. Industriegebiete, Einkaufszentren, Industriegebiete, Einkaufszentren u.s.w.
Morgen ist Labour Day, ein Feiertag in Kanada. Da habe ich Gelegenheit und Muße mir die Stadt anzuschauen. Bestimmt finde ich auch etwas Ansehnliches.
Das war es jetzt mit meiner langen Reise durch das schöne und so vielfältige Kanada. So etwas macht man, zumal in meinem Alter, kein zweites Mal. Ich muss die Eindrücke auch nicht toppen. Die Erfahrungen mit dem Land und vor allem den Menschen, hätte ich anders auch nie gemacht. Ich bin froh, eine Frau zu haben, die mich immer bestärkt hat. Drei Monate weg von zu Hause, das ist keine Selbstverständlichkeit in einer Beziehung.

Mein Fazit: hast Du einen Traum, setze ihn um, auch wenn es illusorisch oder zu verrückt erscheint. Viele kleine Schritte machen eine Reise aus. Man muss nur den ersten tun, dann wird das Ziel mit jedem weiteren Schritt immer realistischer. Man lernt nicht nur ein fremdes Land, neue Menschen, sondern auch sich selbst besser kennen.