
Heute vor vier Wochen bin ich in Vancouver gelandet. Zwei Tage später machte ich mich auf den Weg Richtung Osten. Das kommt mir schon wie eine Ewigkeit vor. Jeder Tag voller neuer Eindrücke, das füllt so einen Monat. Sonst sammelt man so einen Sack voller neuer Eindrücke in einem halben Jahr. Ein Viertel der Strecke ist geschafft. Ich liege also mehr als gut im Plan.

Carlton, mein kanadischer Begleiter der letzten zwei Tage, biegt nach Süden ab. Er hat mir einige nützliche Tipps für die Fahrt durch seine Heimat gegeben. So habe ich den Reifendruck auf beiden Rädern auf den maximalen Wert erhöht. Danach war ich erheblich Kraft schonender unterwegs. Die Gefahr sich immer zu Pinch Lecks einzufangen ist geringer. Das passiert, wenn der Reifen bei Unebenheiten durchschlägt. Für Ontario hat er mir noch eine Moskito- Kopfhaube geschenkt. Damit sehe ich aus wie ein Imker. Das wäre aber unbedingt nötig, meint er. Er wusste auch, das nach dem Labour Day, dem ersten Montag im September, das Wetter schlecht wird. Ich solle mich darauf einstellen oder bis dahin am Ziel sein.

Heute mache ich den Rest der Strecke zu nächsten Stadt klar. Ziel ist Swift Current. Hier gibt’s drei Mal „Tom Hortons“, also hat die Stadt auch eine gewisse Bedeutung. Die Strecke beträgt nur 56 Kilometer. Das wäre aber gestern nicht mehr zu schaffen gewesen.


Die Besonderheit der heutigen Strecke: 69 Km/h Rückenwind. Ich bin noch nie bei einer solchen Windgeschwindigkeit Rad gefahren. Das geht auch nur, wenn der Wind von hinten kommt. Wenn ich aus irgendeinem Grund mal die Richtung wechseln musste, hatte ich Probleme, das Rad zu halten. Dazu kommt, dass die Temperaturen in der Nacht um fast 15 Grad abgesackt sind. Ich mußte die warme Jacke wieder auspacken. Die Fahrt war also trotz der Kürze kein Zuckerlecken.


Ich war froh, daß ich Swift Current so schnell erreicht habe. Eigentlich wollte ich auf einen Campingplatz. Als ich davor stand, war mir klar, daß bei dem Sturm kein Zelt aufzubauen ist, geschweige denn stabil steht. Ich habe mir das billigste Motel gebucht. Da habe Gelegenheit meine kaputten Fahrradschläuche zu flicken und mich mental auf die nächsten 175 Prärie-Kilometer vorzubereiten.