
Für die vergangene Nacht bin ich in einem Biker-Motel abgestiegen. Die älteren Herren waren alle sehr interessiert an meinem Trip. Verpetzt hat mich Lory, die Betreiberin des Motels. Ich würde also nach Strich und Faden ausgefragt. Einige der Biker fahren selbst Fahrrad, einer hat in Deutschland seinen Wehrdienst gemacht. So hat jeder irgendeinen Bezug zu mir. Der Lory mußte ich versprechen, unterwegs einen botanischen Garten zu besuchen. Ein Foto von mir musste noch gemacht werden. Ich musste mich nach dem Frühstück „losreißen“, sonst wäre ich erst mittags auf das Rad gekommen.

Es war wieder sehr frisch und neblig. Ich bin froh mein aggressives Rücklicht zu haben. Es war am Samstag früh nicht viel los auf der Straße, aber ganz geheuer war mir das ohne Licht nicht zumal es keinen Standstreifen gab. Ich war also auf der Fahrbahn unterwegs.

Heute habe ich noch einmal einen großen Brocken zu schultern. Es geht über fast einhundertundzwanzig Kilometer nach Windsor. Die erste Hälfte war ohne nennenswerte Steigungen zu bewältigen. Die sechshundert Höhenmeter standen dann alle in der zweiten Hälfte der Etappe zu Debatte.
Die Zweiteilung der Strecke traf auch auf die Umgebung zu. In der ersten Hälfte war noch viel „Landschaft“. Dann reihte sich ein Ort an den anderen. Herausragend war Wolfville. Hier gibt’s ein Arkadische Gemeinde mit eigener Universität. Die Arkadier sind eine französischstämmige Bevölkerungsgruppe, nicht zu verwechseln mit den Quebec-Franzosen. Der Ort wirkte lebendiger und bunter als die anderen.



Die letzten Hügel zogen sich und ich war froh am Ziel zu sein. Der Ortsname Windsor klingt gewaltig. Das weckt Erwartungen. Leider wurde ich enttäuscht. Die Stadt ist irgendwie schmucklos. Sie liegt an der Mündung des Avon Rivers. Die Gezeiten lassen das Wasser “ bergauf strömen. Das ist dann eine braune Brühe die vom Meer aus bei Flut ins Bett des Flusses fließt. Das sieht ungewöhnlich aus, wenn die Strömung des Flusses sich umkehrt: nicht zu Meer, sondern vom Meer weg.
